Saturday, December 2, 2023

ALDI Jahre wieder

 

Münzstrasse 2, Braunschweig

 

ALDI Jahre wieder wenn ALDI anfängt Weihnachtsstollen anzubieten, fängst Du auch an Dich an die (k)alte Heimat zu erinnern? Ich auch! Dank GOOGLE Map braucht man nicht mehr die 24-stündige Strapazen eines Fluges durchzusitzen um sich die alten Häuser anzuschauen.

Da oben in der Münzstrasse 2 ging ich für drei Jahre bei der Hamburg-Bremer Feuer-Versicherungs-Gesellschaft auf Lehrzeit. Dieses Bild vom Nebenhaus ist das einzige Foto daß ich auf GOOGLE Map finden konnte.

Der Eingang den ich sechs Tage die Woche für drei Jahre betrag liegt links hinter dem weissen Auto. Anscheinend ist dort jetzt ein "Coiffeur Amine" in der Parterre; was jetzt im zweiten Stock ist wo früher mein Büro war kann ich nur ahnen. Vielleicht sollte ich 'mal den Friseur anrufen und ihn fragen.

 

Altewiekring 23, Braunschweig
(Diese Altbauwohnungen hatten damals Außenklos auf halber Treppe - siehe hier)

 

Damals wohnte ich bei meiner Mutter und meinem Stiefvater (ja, wir waren eine kriegszerrissene Familie) am Altewiekring 23 im zweiten Stock überhalb der blauen Beschriftung. Dieser Versicherungsmakler war damals ein Obst- und Gemüsegeschäft und das Keramik-Atelier auf der linken Seite ein Schneidermeister. Damals konnten wir uns noch gar keinen Honig leisten, aber jetzt ist da auf dem ersten Stock eine "Imkerei Jankowski".

Von diesem Haus ging ich zuerst als Schüler zur Volksschule in der nahe gelegenen Heinrichstrasse und danach zu meiner Lehrstelle bei der Hamburg-Bremer Feuer-Versicherungs-Gesellschaft in der Münzstraße.

 

Volksschule Heinrichstrasse, Braunschweig

 

Der Eingang zum Haus war von der Seitenstraße. Wo jetzt die zwei Autos stehen war damals ein kleiner Garten und eine ältere Frau mit dem Namen Stache hing immer aus dem Küchenfenster neben der Eingangstür. Sie war des Hauses ganz unoffizielle Hauswirtin und wusste immer alles über alle.

 

Eingang zum Haus von der Bergstraße
(Die kleinen Schlitzfenster der Außenklos auf halber Treppe sind immer noch da)

 

Gegenüber auf dem Cyriaksring war damals ein Kaffeegeschäft und wo jetzt eine Fahrschule ist war ein Geschäft welches Koffer und andere Lederwaren verkaufte. Für solchen Unsinn wie ein hautkrebsförderndes SONNENSTUDIO hatten wir damals keine Zeit und auch kein Geld.

 

 

Ganz rechts an der gegenüberliegenden Straßenecke wo jetzt der Damen- und Herrenfriseur POCOLOCO ist, war damals ein Kiosk. Dort konnte man sich für ganze 10 Pfennig einen Negerkuss (Entschuldigung, bitte! Ich meinte natürlich "Schaumwaffel mit Migrationshintergrund") kaufen konnte oder zehn HARIBO Teddy-Bären die dann in einer kleinen Zellophantüte verwickelt wurden. Die Zellophantüten dafür wurden jedem Käufer eines Päckchen Zigaretten gleich abgezogen. Das war schon der damalige Umweltschutz ohne das dieses Wort überhaupt erst erfunden war!

Das HSBOY Geschäft an der anderen Ecke war damals eine Apotheke deren Schaufenster immer nur voll waren mit verstaubter Klosterfrau Melissengeist Reklame. Ich erinnere mich daran daß ich meiner Mutter dort einmal zu ihrem Geburtstag eine Flasche Klosterfrau Melissengeist kaufte ohne zu wissen was das war. Ich war damals das jüngste Reklame-Opfer!

 

Der Cyriaksring vor dem Haus

 

Später zog ich wieder zu meinem Vater und meiner Stiefmutter am Cyriaksring 47. Wir wohnten im obersten Stockwerk links hinter dem kleineren Baum in der Mitte. Damals gab es dort keine Bäume - vor dem Haus stand damals eine große Litfaßsäule (die gibt es heute auch nicht mehr!) - und die damaligen wenigen Autos waren alle alte Knatterkäste.

Um die Ecke rum ging es zum Lebensmittel-Köhler wo wir den Monat auf Pump einkauften bis dann wieder des Vater's nächste Kriegsrente eintraf.

 

Cyriaksring 47, Braunschweig
(davon schrieb ich schon hier)

 

Damals gab es noch keine Briefkästen unten im Hauseingang und der Postbote, meistens ein älterer Mann, musste mit jedem Brief treppauf und treppab. Seine schwere Brieftasche hing nur über einer hochgezogenen Schulter und als ich ihm einmal an einem Sonntag begegnete war seine linke Schulter habituell viel höher als die andere. Verschlossene Haustüren gab es auch noch nicht. Als die ersten Klingeln an den Eingangstüren eingebaut waren, gingen wir auf "Klingeljagd" und drückten alle Klingel zur gleichen Zeit und liefen dann schnell weg ehe oben die Fenster aufflogen.

Noch kurz vor meiner Abreise, zuerst als Lohnbuchhalter "auf Montage" mit einer Baufirma die Autobahnen baute und dann nach Australien, zogen wir ein paar Häuser weiter die Strasse hoch zur Nummer 40. Dort wohnten wir auf Parterre in einer etwas größeren Wohnung mit einem eingeglasten "Wintergarten" der jetzt ein Balkon ist. Der Eingang war damals nicht gelb.

 

Cyriaksring 40, Braunschweig

 

Wir waren damals arm aber wir wussten es nicht. Für mich sind das gute Erinnerungen. Mir fehlen die Worte aber Erich Kästner hat sie - siehe hier.

Jetzt reicht es schon 'mal wieder mit meiner Reise in die (k)alte Heimat. Ich bin froh hier am Fluss zu sitzen und die warme Sonne zu geniessen.