"Braunschweig - im Wandel der Zeit"
Keine dicken Menschen! Wieder gut ernährt aber noch nicht überdick!
Das war schon mehrere Jahre nach dem Ende der langen Hungerzeit der Nachkriegsjahre, aber noch vor dem Anfang des Großeinmarsches des "fast food" beim McDoof. Die Menschen aßen noch wenn sie Hunger hatten und nicht aus Langeweile.
In dem Gebäude im Hintergrund war das Innenbad. Als Volksschüler in den 50er Jahren wurden wir da einmal im Monat hinmarschiert um die Angst vor dem Wasser zu verlieren und das Schwimmen zu lernen und uns - laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) - "freizuschwimmen".
Damals ging man zum Schwimmen in einer knappen Dreiecksbadehose obwohl manch armer Volksschüler eine von Muttern selbstgeschneiderte Badehose trug und ein noch ärmerer sogar nur eine - hoffentlich - frische Unterhose. Als ich später alt genug war per Anhalter ins Ausland zu fahren, konnte ich immer einen Deutschen an seiner Badehose erkennen.
(Viel später, in 1988, ätzte der amerikanische Satiriker P.J. O'Rourke in seinem Buch "Reisen in die Hölle und andere Urlaubsschnäppchen": "Je breiter der Rumpf eines Deutschen, desto knapper sind die Badehosen und desto lauter die Stimme". (Original im "Holidays in Hell": "The larger the German body, the smaller the German bathing suit and the louder the German voice issuing German demands and German orders to everybody who doesn't speak German. For this, and several other reasons, Germany is known as 'the land where Israelis learned their manners'."))
Aber zurück ins Innenbad: dort bekam man am Eingang eine Münze und ein farbiges Gummiband welches man am Handgelenk tragen musste. Die Notwendigkeit der Münze wurde einem sofort klar als es zum Duschen ging - "kein Duschen, kein Schwimmen" - denn die Münze ging in einen Automaten an der Dusche der das warme Wasser anschaltete und nach einen gewissen Zeit - höchstens ein paar Minuten - wieder abschaltete denn sonst hätten wir Kinder aus Altbauwohnungen ohne Badezimmer wohl den ganzen Tag under den schönen warmen Duschen gestanden.
Das farbige Gummiband am Handgelenk war die "Eintrittskarte" zum Bad. An deren Wand hing eine riesige Uhr die anstelle von Stunden mehrere Farben anzeigte. Sobald der Stundenzeiger "deine" Farbe erreicht hatte, musstest du wieder raus. Gab es da noch eine zweite Dusche zum "Abschiednehmen" von all diesem Luxus? Das habe ich ganz vergessen.
Was ich nie vergaß war der Tag an dem mir Muttern das Freischwimmer-Zeichen an die Badehose nähte, "selbstgebaut" natürlich denn auch bis heute habe ich nie eine solche "deutsche" Dreiecksbadehose getragen (bei uns in Australien heissen sie "Budgie Smugglers"; denk 'mal drüber nach).