Thursday, August 20, 2020

Die zehn Leitsätze der Fahrenden Gesellen

Wir jungen Fahrenden Gesellen erwandern und erkunden unsere Welt.

Wir bringen uns tatkräftig in die Gemeinschaft ein.

Wir sind ehrlich, anständig, hilfsbereit, zuverlässig und kameradschaftlich.

Wir begegnen anderen Menschen offen und respektieren sie.

Wir sind mutig und wagnisbereit, handeln aber verantwortungsbewusst und ohne Leichtsinn.

Wir sind sportlich und wissensdurstig. So werden wir stark und selbstbewusst.

Wir leben gesund und meiden Alkohol und andere Drogen.

Wir lernen aus der Geschichte und Kultur.

Wir bewahren das Eigene; für Fremdes sind wir aufgeschlossen.

Wir haben Ehrfurcht vor dem Leben und schützen die Natur.

 

www.fahrendegesellen.de

 

Meine jungen Jahre als "Fahrende Geselle" hatten einen lebenslangen Einfluss auf mich, und obwohl ich in 1965 auswanderte bin ich durch meine "Verpflichtung" auch heute noch ein Fahrender Geselle geblieben.

 

 

Es lebe der Bund!

 

Sunday, August 16, 2020

Yes, we do have .. Gutscheins !!!

 

Selbst die Braunschweiger in meiner alten Heimat-(nicht Geburts-)stadt Braunschweig vergessen jetzt ihre Sprache - siehe letztes Foto hier.

Und wenn sie schon nicht das englische Wort 'vouchers' gebrauchen wollen weil wohl 'Gutschein' ein viel besseres Wort ist, dann sollten sie doch zumindest den richtigen Numerus, nämlich 'Gutscheine', gebrauchen.

Yes, I am .. ärgerlich daß deutsche Wörter Worts so verschandelt werden!

Wie Leonard Cohen so schön sang, "There is a crack in everything", aber dieser ist zu groß!

 

Friday, August 14, 2020

Erich Kästner fand die richtigen Worte dafür

 

 

Dreimal kam ich nach Braunschweig zurück: Ende 1967 als ich noch Deutscher war und die Möglichkeit hatte mich vielleicht noch einmal einzubürgern; und als Australier in kurzer Folge Mitte 1983 und Januar 1984 von meinen Arbeitsplätzen in Saudi-Arabien und Griechenland um Abschied zu sagen vom Vater, zuerst am Krankenbett und dann am Sarg.

Mir fehlten damals die Worte. Heute fand ich sie beim Erich Kästner:

 

Kleine Führung durch die Jugend

Und plötzlich steht man wieder in der Stadt,
in der die Eltern wohnen und die Lehrer
und andre, die man ganz vergessen hat.
Mit jedem Schritt fällt das Gehen schwerer.

Man sieht die Kirche, wo man sonntags sang.
(Man hat seitdem fast gar nicht mehr gesungen.)
Dort sind die Stufen, über die man sprang.
Man blickt hinüber. Es sind andre Jungen.

Der Fleischer lehnt an seinem Haus.
Nun ist er alt. Man winkt ihm wie vor Jahren.
Er nickt zurück. Und sieht verwundert aus.
Man kennt ihn noch. Er ist sich nicht im klaren.

Dann fährt man Straßenbahn und hat viel Zeit.
Der Schaffner ruft die kommenden Stationen.
Es sind Stationen der Vergangenheit!
Man dachte, sie sei tot. Sie blieb hier wohnen.

 

 

Bist Du archiviert?

 

Falls Du als unterstützter Einwanderer nach Australien gekommen bist - für mich waren das in 1965 fünfzig englische Pfunde die ich dank des besseren Essens nach meiner Ankunft gleich wieder zunahm - dann werden Deine Einwanderungsunterlagen auch bei den National Archives bestellbar sein.

Gehe auf naa.gov.au, drücke auf "Explore the Collection, "RecordSearch", und schreib Deinen Namen.

Wenn Du Deinen Eintrag gefunden hast, drücke auf "Details report" und auf der nächsten Seite, drücke auf "Request Copy".

Dann "Continue" und "Proceed to Checkout".

That's All Folks!

 

Thursday, August 13, 2020

Bemerkst Du was?

 

Dieses tolle Foto fand ich auf der facebook-Seite
"Braunschweig - im Wandel der Zeit"

 

 

Keine dicken Menschen! Wieder gut ernährt aber noch nicht überdick!

Das war schon mehrere Jahre nach dem Ende der langen Hungerzeit der Nachkriegsjahre, aber noch vor dem Anfang des Großeinmarsches des "fast food" beim McDoof. Die Menschen aßen noch wenn sie Hunger hatten und nicht aus Langeweile.

In dem Gebäude im Hintergrund war das Innenbad. Als Volksschüler in den 50er Jahren wurden wir da einmal im Monat hinmarschiert um die Angst vor dem Wasser zu verlieren und das Schwimmen zu lernen und uns - laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) - "freizuschwimmen".

 

 

Damals ging man zum Schwimmen in einer knappen Dreiecksbadehose obwohl manch armer Volksschüler eine von Muttern selbstgeschneiderte Badehose trug und ein noch ärmerer sogar nur eine - hoffentlich - frische Unterhose. Als ich später alt genug war per Anhalter ins Ausland zu fahren, konnte ich immer einen Deutschen an seiner Badehose erkennen.

 

 

(Viel später, in 1988, ätzte der amerikanische Satiriker P.J. O'Rourke in seinem Buch "Reisen in die Hölle und andere Urlaubsschnäppchen": "Je breiter der Rumpf eines Deutschen, desto knapper sind die Badehosen und desto lauter die Stimme". (Original im "Holidays in Hell": "The larger the German body, the smaller the German bathing suit and the louder the German voice issuing German demands and German orders to everybody who doesn't speak German. For this, and several other reasons, Germany is known as 'the land where Israelis learned their manners'."))

 

Aber zurück ins Innenbad: dort bekam man am Eingang eine Münze und ein farbiges Gummiband welches man am Handgelenk tragen musste. Die Notwendigkeit der Münze wurde einem sofort klar als es zum Duschen ging - "kein Duschen, kein Schwimmen" - denn die Münze ging in einen Automaten an der Dusche der das warme Wasser anschaltete und nach einen gewissen Zeit - höchstens ein paar Minuten - wieder abschaltete denn sonst hätten wir Kinder aus Altbauwohnungen ohne Badezimmer wohl den ganzen Tag under den schönen warmen Duschen gestanden.

Das farbige Gummiband am Handgelenk war die "Eintrittskarte" zum Bad. An deren Wand hing eine riesige Uhr die anstelle von Stunden mehrere Farben anzeigte. Sobald der Stundenzeiger "deine" Farbe erreicht hatte, musstest du wieder raus. Gab es da noch eine zweite Dusche zum "Abschiednehmen" von all diesem Luxus? Das habe ich ganz vergessen.

Was ich nie vergaß war der Tag an dem mir Muttern das Freischwimmer-Zeichen an die Badehose nähte, "selbstgebaut" natürlich denn auch bis heute habe ich nie eine solche "deutsche" Dreiecksbadehose getragen (bei uns in Australien heissen sie "Budgie Smugglers"; denk 'mal drüber nach).

 

 

Tuesday, August 11, 2020

Aus den alten Westermann Monatsheften

 

Der Westermann Verlag wurde im 19. Jahrhundert in Braunschweig gegründet
und ist berühmt für die Monatshefte und den Großen Atlas zur Weltgeschichte

 

Die Westermann Monatshefte sind mit meiner Jugendzeit in Braunschweig verbunden obwohl ich sie damals wegen ihres Preises nur aus der Ferne bewundern konnte. Heute kann man sie kostenlos auf der Internet lesen.

Die Hefte wurden in 1987 eingestellt und zu der Zeit war ich schon seit zweiundzwanzig Jahren in Übersee und hatte in die Tat umgesetzt was ich in dieser Ausgabe hätte lesen können falls ich zuhause geblieben wäre.

 

Drücke drauf um sie zu vergrößern
Ja, ich lebte unter Kopfjägern auf den Salomon-Inseln,
sah die Tempeltänzerinnen von Bali, ...

... besuchte Tonga und überflog Niuafo'ou, ...

... und wohnte und arbeitete für Jahre in Melanesien, der "schwarzen Südsee",
und auch in Samoa, dem Herzen von Polynesien.

Wie Colonel Radcliff arbeitete auch ich in der Südsee gänzlich posielos,
in meinem Fall als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ...

... und zog wieder in die Großstadt denn "wir Weißen haben keine Ruhe,
wir wollen alles weiterentwickeln, der Teufel weiß, wozu und weshalb."

 

Es in die Tat umzusetzen war besser gewesen als zuhause zu sitzen und davon zu lesen. Zum Lesen habe ich jetzt genug Zeit im Ruhestand in Australien. Das Westermann Monatsheft hilft mir mit den Erinnerungen.

 

 

P.S. Und hier sind noch weitere Westermann Monatsmagazine:

April - September 1860
April - September 1861
Oktober 1866 - März 1867
April - September 1870
Oktober 1870 - März 1871
Oktober 1870 - März 1871
April - September 1871
Oktober 1871 - März 1872
Oktober 1876 - März 1877
April - September 1881
April - September 1883
Oktober 1885 - März 1886
April - September 1886
April - September 1891
April - September 1894
Oktober 1894 - März 1895
Oktober 1896 - März 1897
1903
Oktober 1905 - März 1906
April - September 1906
Januar - März 1908
April - Juni 1908
Juli - September 1908
Oktober - Dezember 1908
August 1964
Juli 1967
März 1968
Mai 1968
August 1968
Oktober 1968
Februar 1969
Mai 1969
September 1969
Dezember 1969
Januar 1970
Februar 1970
Juni 1970
Juli 1970
August 1970
November 1970
December 1970

Man kann sie sich "ausleihen" wenn man auf "SIGN UP" drückt (es kostet gar nichts!), dann auf "LOG IN", und dann beim Magazin auf "BORROW".

 

Sunday, August 9, 2020

Eine Bootsfahrt zwischen Slapstick und Melancholie

 

 

Ob Jerome K. Jerome auch nur den Hauch einer Ahnung hatte, dass aus dem kleinen Reiseführer "Drei Mann in einem Boot", den er über sein liebstes Ausflugsziel, die Themse, schreiben wollte, ein millionenfacher Beststeller und ein Klassiker der humoristischen Literatur werden würde?

Wohl eher nicht. Die Komik gewann vermutlich beim Schreiben irgendwann die Oberhand – und der Autor ließ ihr zum Glück freien Lauf. Die Handlung seines Reiseromans ist von vollendeter Schlichtheit: Drei Freunde schippern knapp zwei Wochen lang auf der Themse von London bis Oxford. Ein Foxterrier mit dem ehrwürdigen Namen Montmorency begleitet sie. Irgendetwas Spektakuläres findet eigentlich nicht statt, und trotzdem ist das Buch von der ersten bis zur letzten Seite äußerst unterhaltsam.

Es sind die Tücken des Alltags, die Jerome K. Jerome unter die Lupe nimmt, und da gibt es auch über 100 Jahre später erstaunliche Kontinuitäten: Beim Picknick einen Dosenöffner zu vergessen, ist auf jeden Fall immer noch ähnlich frustrierend wie damals. Wie Jerome dann aber aus diesen alltäglichen Missgeschicken philosophische Schlüsse über die menschliche Existenz zieht, ist nicht nur unterhaltsam, sondern schlicht genial.

 

Thursday, August 6, 2020

Das gibts heute nicht mehr

 

 

Nach acht Jahren Schule konfirmirt
Stand ich da mit meinem Zeugnis
Zeichnen, Singen, Religion gut
Mutter wollte gern das ich Schriftsetzer
Würde wie mein Großvater
War aber nichts zu machen
Zu viele Bewerber mit Abitur
Vater war mehr für Maurer oder Tischler
Aber ich, klein und mager,
Blass vom Lesen jede Nacht
Heimlich bei Kerzenlicht
Gedanken immer woanders
Und dann auf dem Bau
Das ging eben nicht
Doch ich bekam eine Lehrstelle
In einem Schuhgeschäft
Als Schaufenstergestalter

 

Für mich: Stiefvater war mehr für Insolierer so wie er ... aber ich, klein und mager, blass vom Lesen jede Nacht ... bekam eine Lehrstelle in
einer Feuer-Versicherungs-Gesellschaft als Versicherungskaufmann

 

Das ist doch ewig lange her
Ist vergessen, das war mal
Das gibts heute nicht mehr
So sollte man meinen und doch
so was gibt es noch
so was gibt es noch

 

Für mich: Zeichnen ausreichend; Musik befriedigend; Religion gut

 

Erstes Lehrjahr
40 Mark im Monat
Tagesablauf wie folgt:
Morgens um Sieben zum Bus
Brot und Henkelmann in der Aktentasche
Und Ermahnungen, Ernst des Lebens,
Lehrjahre sind keine und so weiter,
Dann in der Firma
Pampelmusen, Teebeutel, Jokurt einkaufen
Für die Kollegen zum Frühstück
Dann Ware auspacken ins Lager einräumen
Etiketten kleben dann Glühbirnen auswechseln
Mittagspause
Dann in den Schaufenstern Schuhe Glasplatten abstauben
Dann in den Keller Arbeitsstiefel fetten
Neunzehn Uhr Feierabend

Das ist doch ewig lange her...

 

Für mich: 86 Mark im Monat

Zweites Lehrjahr
60 Mark im Monat
Tagesablauf genau wie im ersten
Nur alle vierzehn Tage Nachtarbeit
Dafür durften wir abends warm essen auf Geschäftskosten
Ich bekam das erst Steak meines Lebens mit vierzehn
Einmal setzte sich der Chef zu uns
Und bestellte sich ein Mettbrötchen
Und erzählte wie er angefangen hat
Mit einem Bauchladen, Schnürsenkel
Durch Fleiss und Sparsamkeit
Heute Besitzer einer Ladenkette
Präsident des deutschen Schuheinzelhandels
Mein erstes Steak ich habe es wieder ausgekotzt

Das ist doch ewig lange her...

 

Für mich: 105 Mark in Monat

 

Drittes Lehrjahr
80 Mark im Monat
Tagesablauf wie gehabt
Hinzu kam das Bedienen der Kunden in Stoßzeiten
Dann die Verwaltung des Gummistiefellagers
Aufblasen von Reklameluftballons
Und wachsender Unmut unter uns Lehrlingen
Gewerkschaften kannten wir nicht
Aber trotzdem wurde ein Sprecher gewählt
Und das ist in so einem Fall
Immer der naivste oder der mutigste
Ich war beides also sprach ich
Ergebnis: ich bekam das Filzpantoffellager noch dazu
Durfte am Betriebsausflug nicht teilnehmen
Und die Kollegen schnitten mich

Das ist doch ewig lange her...

 

Für mich: 142 Mark im Monat

 

Ende der Lehrzeit
Was hatte ich eigentlich gelernt
So gut wie gar nichts
Dann die Prüfung
Alle wussten ich würde durchfallen
Aber ich bestand
Freisprechung mit allem Drum und Dran
Streichquartett, Reden, Kaufmannsgehilfenbrief, Glückwünsche
Nur die Geschäftsleitung war sauer
Und warum? Sie hätte mich gern durchfallen sehen
Um mich als billige Arbeitskraft
Noch ein Jahr länger behalten zu können
Nun drei weitere Jahre habe ich das noch mitgemacht
Bevor ich mich traute zu sagen
Das ist nicht mein Leben

Das ist doch ewig lange her...
Laalalala

 

Für mich: zwei Jahre habe ich das noch mitgemacht bevor ich mich traute zu sagen "Das ist nicht mein Leben", und wanderte nach Australian aus.