Friday, June 24, 2022

Drei Jahre und ein Tag

 

 

Vor vielen Jahren als wir von Batemans Bay nach Nelligen zurückfuhren, trafen wir zwei Tippelbrüder in ihrer Zunftkleidung an der Landstraße. Unser Wagen war schon vollgepackt mit unseren Einkäufen und wir fuhren ohnehin nur acht Kilometer bis Nelligen und ich hielt nicht an. Schade!

Ich erinnerte mich an diese Begegnung als ich Reinhard Mey singen hörte "Drei Jahre und ein Tag" und ich wunderte mich: was bedeutet denn das?

Früher war es sogar mal Pflicht, heute gilt es als etwas Besonderes: Gesellen, die durch blühende Felder laufen oder an der Straße stehen und auf die nächste Mitfahrgelegenheit beim Trampen hoffen. Die Tippelei hat die Jahrhunderte überdauert, manchmal wirkt sie sogar ein bisschen aus der Zeit gefallen. Kein Wunder, passt die lange Wanderschaft mit ihrem ganz eigenen Tempo doch so wenig in die heutige Welt, die vollgestopft ist mit Schnelligkeit, Stress und Termindruck.

Nicht jeder kann einfach so auf Wanderschaft gehen, Voraussetzungen müssen meistens erfüllt sein. Die Regeln unterscheiden sich aber grundsätzlich gilt meistens: Wandergesellen dürfen maximal 30 Jahre alt, ledig, noch kinderlos und schuldenfrei sein. Weitere Voraussetzung: eine abgeschlossene Lehre denn nur Gesellen können auf Wanderschaft gehen.

 

 

Dazu kommt der Abstand zum Heimatort, den alle zünftigen Gesellen während der Wanderjahre wahren müssen, meist sind dies um die 50 Kilometer. Um sicher zu sein, dass diese Bannmeile nicht mehr überschritten wird, ziehen viele Wandernde auf der Karte einen Kreis in der festgeschriebenen Größe um die eigene Stadt herum. Auch ein eigenes Fahrzeug dürfen die Gesellen nicht benutzen. Die meisten Tippelbrüder sind deshalb per Anhalter unterwegs.

Wenn es los geht mit der Walz, wird der Neuling in der Regel von einem anderen Wandersgesellen abgeholt, dieser begleitet ihn während der ersten Monate und weist ihn in das Regelwerk der Walz ein. Darunter fallen auch die zahlreichen geschriebenen und ungeschriebenen Regeln der Walz. Dazu gehört vor allem die Ehrbarkeit, also Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Achtung vor der Ehre der Mitmenschen und Gewaltlosigkeit denn die nächsten die auf Wanderschaft gehen wollen ja auch die gleiche Gastfreundschaft erfahren wie ihre Vorgänger.

Über drei Jahre von zu Hause weg sein und auf Reisen zu gehen, ist nicht für jeden etwas. Zünftige Gesellen sind ständig unterwegs, haben keine feste Bleibe und wissen oft nicht was der nächste Tag so bringt. Wer sich aber einmal für die Walz entschieden hat, den erwarten viele neue Orte und Menschen, Abenteuer und viel Lebenserfahrung.

Daneben ist die Tippelei aber auch so etwas wie eine sehr lange Fortbildungsreise. Wandernde arbeiten bei anderen Betrieben, lernen andere Arbeitstechniken und Arbeitsabläufe kennen. Sicher sind die Unterschiede heute nicht mehr so groß wie noch vor ein paar hundert Jahren. Trotzdem kann es nie schaden, Neues dazu zu lernen.

 

 

Plötzlich fielen mir die Ähnlichkeiten zwischen mir und den Tippelbrüdern auf: auch ich zog los als ich ledig war, kinderlos, schuldenfrei, 19 Jahre alt und mit einer abgeschlossenen Lehre. Auch ich war ständig unterwegs, hatte keine feste Bleibe und wusste oft nicht was der nächste Tag bringen würde. Auch mich erwarteten viele neue Orte und Menschen, Abenteuer und viel Lebenserfahrung. Der eine Unterschied: anstelle von drei Jahren und einem Tag bin ich mein ganzes Leben von zu Hause weg geblieben.

 


 

Sie waren Schreiner, Maurer, Steinmetz, Schmied und Zimmermann
Bald tausend Jahre her, dass ihre Wanderschaft begann
Silberschmied, Böttcher, Kupferstecher, aus bitterster Not
Zogen sie in die Fremde und sie suchten Lohn und Brot
Das Dorf so arm, das Land zu karg, keiner der Arbeit hat
Vater und Mutter kriegen die vielen Mäuler nicht satt
Sie schulterten ihr Bündel, nahmen ihren Wanderstab
Und gingen in die Welt, dorthin, wo's Arbeit für sie gab
Nichts als den Stenz, nichts als die Kluft, nichts als am Leib das Hemd
Nicht einen roten Heller, immer hungrig, immer fremd
Nur ein kostbares Hab und Gut auf ihrer Wanderschaft:
Das Geschick ihrer Hände, ihren Mut und ihre Kraft

Wir alle seins Brüder
Wir alle seins gleich!

Ein Leben auf der Straße in Schnee oder Regenflut
In staub'ger Werkstatt oder im Gebälk zur Mittagsglut
Auf schwankendem Gerüst, im steilen Dach, im Glockenturm
Und weiterzieh'n in Kälte, in Nässe, Nacht und Sturm
Zu lernen, wie man anderswo die Kathedralen baut
Die Balken zimmert, Schiefer deckt oder den Stein behaut
Glück, wenn es eine Scheune gab als Herberge zur Nacht
Doch oft durchnässt im kühlen Morgentau im Gras erwacht
Und ihre Hände schufen die Burg zu Eisenach
Die Celler Fachwerkgiebel, das Innsbrucker Gold'ne Dach!
Und manch Geselle brachte der Welt ein Meisterstück dar:
Dürer sein Nashorn und Riemenschneider seinen Altar

Wir alle seins Brüder
Wir alle seins gleich!

Magerer Lohn, karges Quartier, und selten satt vom Schmaus
Drei Jahr und einen Tag und niemals näher an zuhaus
Als diese dreißig Meilen, aus dem Heimatkreis verbannt
Daß einen nicht die Sehnsucht, nicht das Heimweh übermannt!
Ihr Werkzeug, die Habseligkeiten, was ihr Eigen ist
Paßt in ein Leintuch, das im Quadrat eine Elle mißt
Und doch hat der entbehrungsreiche Weg sie reich gemacht
Hat Schätze an Erfahrung und Kunstfertigkeit gebracht
Und Reichtümer an Freiheit von drei Jahren auf der Walz
Allein an irdischen Gütern bleibt ihnen bestenfalls
Der goldne Ring im Ohr und der ist nicht da, um zu prahl'n
Nein, um damit wenn's sein muß, ihr Begräbnis zu bezahl'n

Wir alle seins Brüder
Wir alle seins gleich!

Sie sind Schreiner, Maurer, Steinmetz, sie sind Schmied, und Zimmermann
Heut wie vor tausend Jahren treten sie die Reise an:
Der schwarze Hut, der Ring im Ohr, die Kluft aus alter Zeit
Am Hemd die schwarze, blaue, graue, rote Ehrbarkeit
Ein Weg voller Entsagung, Leben ohne Überfluß
In Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, ein freier Entschluß
Und ihre Hände bau'n den Reichstag und das Stelenfeld
Das neue World Trade Center, Brücken in die ganze Welt
Ihr seht sie auf der Rüstung, auf dem First und in den Sparr'n
Und wartend an der Straße, um ein Stück mit Euch zu fahr'n
Dann, brave Christen, ehe ihr vorbeifahrt, denkt daran:
Der Herr, zu dem ihr betet, war auch ein Zimmermann!

Und sagt der nicht: "Was ihr dem Wandrer an der Autobahn
Dem geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan!"
Drum, brave Christen, ehe ihr vorbeifahrt, haltet an:
Der Herr, zu dem ihr betet, war auch ein Zimmermann!

Wir alle seins Brüder
Wir alle seins gleich!
Wir alle seins Brüder
Wir alle seins gleich!

 

 

"Welch wunderschönes, novemberlich romantisches Bild"

 

So schrieb die Buchdame aus Berlin als sie dieses Bild vom herbstlichen Nelligen sah. Wunderschön ist es schon und auch romantisch aber kalt. Aber nicht so kalt wie der deutsche Winter. Wenn ich mich an den erinnere, wundere ich mich wie ich dort überhaupt für neunzehn Jahre leben konnte.

Damals war ich noch ein Kind und dann Jugendlicher und der Gedanke an die Möglichkeit auszuwandern war noch nicht gekommen. Glücklicherwiese kam mir der Gedanke in 1965, nicht nur wegen des Wetters sondern auch wegen meiner allgemein trostlosen Lebenslage. Ich meine, niemand sagte je "Ich habe ein wunderbares Elternhaus, einen tollen Beruf, und ich habe einen Haufen Geld und einen Haufen Freunde, und ich wandere jetzt aus."

Zweite Gedanken kamen mir aber dennoch und Weihnachten 1967 war ich dann wieder zuhause, sozusagen zum Abgewöhnen denn das Wetter in Hamburg wo ich Arbeit gefunden hatte war einfach ekelhaft. Nach zwei Jahren im sonnigen Australien wochenlang keine Sonne zu sehen war unmöglich und ich schwor mir einen zweiten Winter mache ich nicht mit.

Nach Zwischenstationen in Braunschweig und Frankfurt und ehe mich der deutsche Winter wieder erwischen konnte war ich dann in Südafrika. Das wurde auch nur eine Zwischenstation und sechs Monate später verlies ich Kapstadt und war wieder auf meinem Weg zurück in meine jetzt neue Heimat Australien. Es war diese neue Heimat und die neue Sprache und der neue Reisepass die es mir ermöglichten den Rest der Welt zu sehen.

Zwanzig Jahre und fünfzehn Länder und Dutzende von Arbeitsstellen später war ich dann bereit mich endlich festzusetzen. Natürlich in den nördlichen Tropen Australiens, aber damals war dort keine Arbeit und so, schnell entschlossen (eigentlich zu schnell entschlossen!), ging es dann nach Sydney und Canberra und dann im Ruhestand ins kleine Nelligen.

Und hier habe ich dieses "wunderschöne, novemberlich romantische Bild" aufgenomen welches der Buchdame aus Berlin so gut gefällt. Mir würde es viel mehr gefallen wenn die Bäume im Hintergrund Palmen wären und über ihnen eine tropische Sonne schien, aber dann erinnere ich mich an diese deutsche Aussage: "Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt".

 

 

Wednesday, June 22, 2022

Erinnerungen an Griechenland

 

 

 

Ein Eisenofen steht mitten im Raum
Rot glühend, doch du spürst ihn kaum
Die Abendkühle kriecht über den Steinboden herein
Ein dürrer Rauch steigt zur Decke empor
Ein kühn geschwung'nes Ofenrohr
Die nackte Glühbirne taucht den Raum in fahlen Schein

Ein alter Fernseher flackert schwarzweiß
Die Männer sitzen verstreut im Kreis
Und immer in diesem Gebilde aus drei Stühl'n:
Einen, da stehn die Füße drauf
Einen, da lehnt der Arm sich auf
Den dritten, zum drauf Sitzen, um sich im Gleichgewicht zu fühl'n

Μια ημερα θα χρειαστω
Τρεις καρεκλες και εγω
Για ολη μου την εντνχια
Μια τα χερια ν ακουμπω
Μια τα ποδια μου ν απλωνω
Και μια, και μια να καθομαι

Mit dem verwitterten Gesicht
Kiriakis, der nie ein Wort spricht
Der seinen Arm beim Dynamitfischen verlor
Der wie ein Gummiball hüpft und springt
Wenn nur ein Ton Musik erklingt
Und wirft den leeren Ärmel im Triumph empor

Gianis weiß längst über dich Bescheid
Und breitet seine Arme weit
Ohne ein Wort von deiner Sprache zu verstehn
Durch Brillengläser, die so blind
Wie Glas im Meer geworden sind
Kann er dir tief bis auf den Grund der Seele sehn

Μια ημερα θα χρειαστω
Τρεις καρεκλες και εγω
Για ολη μου την εντνχια
Μια τα χερια ν ακουμπω
Μια τα ποδια μου ν απλωνω
Και μια, και μια να καθομαι

Da ist kein Mißtrauen, da ist kein Neid
Und da ist Frieden, da ist Zeit
Der Wirt, der mit den dicken Kaffeetassen klirrt
Nichts ist Berechnung, nichts bedacht
Alles aus Freundlichkeit gemacht
Das ist ein Ort, an dem Dein Herz gesunden wird

Blau weißes Tischtuch, frisches Brot
Leise tuckerndes Fischerboot
Ein Teller Apfelscheiben und ein Becher Wein
Vielleicht bleib' ich irgendwann hier
Jedenfalls arbeit' ich schon an mir
Um auch mit nur drei Stühlen zufrieden zu sein!

Μια ημερα θα χρειαστω
Τρεις καρεκλες και εγω
Για ολη μου την εντνχια
Μια τα χερια ν ακουμπω
Μια τα ποδια μου ν απλωνω
Και μια, και μια να καθομαι

Μια ημερα θα χρειαστω
Τρεις καρεκλες και εγω
Για ολη μου την εντνχια
Μια τα χερια ν ακουμπω
Μια τα ποδια μου ν απλωνω
Και μια, και μια να καθομαι

 

 

An meinen besten Freund Noel

 

 

Wir waren Freunde für siebenundzwanzig Jahre bis Du in 1995 starbst. Das sind jetzt auch schon wieder siebenundzwanzig Jahre her und immer noch vermisse ich Deine Freundschaft und Deinen großen Einfluss auf mich.

Lass nun ruhig das Ruder, Noel. Du hast Deine Ruhe verdient.

 

Lass nun ruhig los das Ruder
Dein Schiff kennt den Kurs allein
Du bist sicher Schlafes Bruder
Wird ein guter Lotse sein

Lass nun Zirkel, Log und Lot
Getrost aus den müden Händen
Aller Kummer, alle Not
Alle Schmerzen enden

Es ist tröstlich einzusehen
Dass nach der bemessenen Frist
Abschiednehmen und Vergehen
Auch ein Teil des Lebens ist

Und der Wind wird weiter wehen
Und es dreht der Kreis des Lebens
Und das Gras wird neu entstehen
Und nichts ist vergebens

Es kommt nicht der grimme Schnitter
Es kommt nicht ein Feind
Es kommt, scheint sein Kelch auch bitter
Ein Freund der's gut mit uns meint

Heimkehren in den guten Hafen
Über spiegelglattes Meer
Nicht mehr kämpfen, ruhig schlafen
Nun ist Frieden ringsumher

Und das Dunkel weicht dem Licht
Mag es noch so finster scheinen
Nein, hadern dürfen wir nicht
Doch wir dürfen weinen

[english translation]
 

 

 

P.S. It was a dark and stormy night.

 

Mein Leben im Lied

 

Hannes Wader, "Heute hier morgen dort"

 

Heute hier, morgen dort, bin kaum da, muss ich fort
Hab mich niemals deswegen beklagt
Hab es selbst so gewählt, nie die Jahre gezählt
Nie nach Gestern und Morgen gefragt

Manchmal träume ich schwer und dann denk ich es wär
Zeit zu bleiben und nun was ganz andres zu tun
So vergeht Jahr um Jahr und es ist mir längst klar
Dass nichts bleibt, dass nichts bleibt, wie es war

Dass man mich kaum vermisst, schon nach Tagen vergisst
Wenn ich längst wieder anderswo bin
Stört und kümmert mich nicht, vielleicht bleibt mein Gesicht
Doch dem Ein' oder Andern im Sinn

Manchmal träume ich schwer, und dann denk ich es wär
Zeit zu bleiben und nun was ganz andres zu tun
So vergeht Jahr um Jahr und es ist mir längst klar
Dass nichts bleibt, dass nichts bleibt, wie es war

Fragt mich einer, warum ich so bin, bleib ich stumm
Denn die Antwort darauf fällt mir schwer
Denn was neu ist, wird alt, und was gestern noch galt
Stimmt schon heut oder morgen nicht mehr

Manchmal träume ich schwer und dann denk ich es wär
Zeit zu bleiben und nun was ganz andres zu tun
So vergeht Jahr um Jahr und es ist mir längst klar
Dass nichts bleibt, dass nichts bleibt, wie es war

 

Tuesday, June 21, 2022

Go Trabi Go

 

 

In the 1991 German comedy film, "Go Trabi Go", a family from the former German Democratic Republic (GDR) goes on a road trip to Italy in their beloved Trabant 601—the most popular car in East Germany before the collapse of the Iron Curtain. At one point their vehicle's head gasket blows, and the father makes an emergency phone call. When he tells a mechanic over the line that he’s driving a Trabant 601, the mechanic chuckles and says, "I hope you’ve got some sticky tape."

Over the years, the "Trabi" (as it's affectionately known) has been the butt of endless jokes associated with East Germany. With its bare interior, oddly-designed stick shifter, and an exterior made of Duroplast—a rust-resistant, cotton-reinforced resin plastic that's lighter and stronger than steel (and more importantly, could be manufactured in the GDR)—the standard four-seater Trabi sedan has been referred to as one of the "worst cars ever built," and "East Germany's terrible car that will never die." Add to this its two-stroke engine, the same kind used in lawnmowers and Asia's tuk-tuks, and it's understandable why there are quips like "Why does a Trabi have a heated rear window? To keep your hands warm while you push."

Produced from 1957 until 1991, the Trabi has earned the nicknames "spark plug with a roof" and "cardboard racer" because of its seemingly shoddy design. To many Westerners, Trabis remain a prime example of East German repression and the governing Socialist United Party's archaic ways. Trabis had no fuel gauge, air conditioning, no indicator for turn signals or brake lights, and could only reach a maximum speed of 62 miles per hour. Once the Wall came down, Trabis just couldn’t compete with Western vehicles, and seemingly overnight East Germany’s most coveted car became almost obsolete.

Having learnt how the Trabi was made, you may want to move onto lighter things, and watch GO TRABI GO:

... and its sequel "Das war der wilde Osten":

 

Was am Ende wahrscheinlich besser ist

 

 

 

Vielleicht bedeutet Lieben auch lernen, jemanden gehen zu lassen,

wissen, wann es Abschiednehmen heißt.

Nicht zulassen, daß unsere Gefühle dem im Weg stehen,

was am Ende wahrscheinlich besser ist für die, die wir lieben.