Eine gute Freundin in Deutschland, die ich schon vor meiner Auswanderung in 1965 kannte, schickte mir ein ganzes Bündel von Briefen und 'aerogrammes' - erinnert sich jemand noch an 'aerogrammes'? - die ich ihr über die Jahre geschrieben hatte. In denen kann man von meinem Fortgang in meiner neuen Heimat lesen.
Am 27.8.1965 schrieb ich:
Seit dem 8.8.1965 bin ich nun in Australien. Seit dem 13. arbeite ich bereits - also genau 2 Wochen - als "Trainee Manager" bei der Coles Company Ltd. Das ist eine Gesellschaft so wie Woolworths, jedoch eine australische Angelegenheit. Mein Anfangsgehalt als Trainee ist £18.10 pro Woche. Wohnung habe ich bei einer australischen Familie genommen, Vollpension einschl. Fernsehen, Bier und Tochter. Mir gefällt Australien ausgezeichnet. Nur über eines bin ich enttäuscht: das alles so gut und schnell klappte. Keine Hindernisse, kein bißchen Abenteuer. Grauer Alltag hier wie dort! Kangaroos habe ich bisher nur im Zoologischen Garten gesehen. Dafür mache ich allabendlich große Sprünge. Der Deutsche Club ist eine feuchtfreundliche Angelegenheit, die austr. Mädchen sind nicht ganz so hübsch wie die deutschen, ja was wäre sonst noch interessant? Glaub' mir: Bleibe im Lande und nähre dich redlich - denn es ist überall dasselbe. |
Und am 18.10.1965 schrieb ich:
Abends ist es hier still wie in einem kleinen Dorf. Je nach Staat muss hier jedes öffentliche Vergnügen um 6, 8 oder 10 Uhr abends aufhören. Jedoch nicht ohne vorher noch die Nationalhymne gespielt und einen Tost auf die Königin ausgerufen zu haben. Wie im finsteren Mittelalter. Kein Büro oder öffentliches Gebäude ohne ein Gemälde der Königin. ... Nur in geschlossenen Clubs mit Ausweis, Anstecknadel etc. kann das Amüsieren weitergehen. So bin ich augenblicklich in vier Clubs eingeschriebenes Mitglied. ... Ich lese nur noch englische Bücher. Mein Ziel ist, einmal so gut im Englisch zu werden, daß ich es ebenso gut wie Deutsch anwenden kann. Vielleicht werde ich eines Tages sogar meinen schrecklichen deutschen Akzent los.
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Und später, am 29.10., schrieb ich ihr von meinem großen Durchbruch nachdem ich einen Posten bei der Bank bekam:
Ich bewarb mich bei einer australischen Bank um eine Stellung. Und ich habe sie! Von nun an bin ich zuständig für den Migrant Service in Canberra. Das heißt etwa folgendes: Da hier in Canberra ca. 25% der Bevölkerung Ausländer sind, unterhält jede Bank in ihrer Hauptgeschäftsstelle eine speziale Beratungsstelle für die Ausländer. Ich bin nun zuständig für alle deutschen, österreichischen und schweizer Kunden. Ich erkläre den Leuten alles in Deutsch, beantworte ihre Briefe in Deutsch und gebe ihnen manchen guten Rat, falls sie noch fremd in der Stadt sind. Ich brauche also nicht zu sagen, wie gut es mir hier gefällt.
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Auch ein paar alte Bilder waren dabei. Hier ist eins von mir im RAFFLES HOTEL in Singapur wo ich für eine Woche im Hermann-Hesse Zimmer wohnte und täglich meinen 'Singapore sling' einnahm:
Und zu dieser damals ausgeschnittenen Anfrage habe ich auch heute noch keine Antwort bekommen:
Lang, lang ist's her!