Tuesday, September 27, 2011
Sunday, September 25, 2011
Rotes Haus
Ich lese Hermann Hesses "Wanderung". Die Aufzeichnung "Rotes Haus" ist mir fast auf den Leib geschrieben:
Rotes Haus, aus deinem kleinen Garten und Weinberg duftet mir der ganze Alpensüden! Mehrmals bin ich an dir vorbeigegangen, und schon beim ersten Male hat meine Wanderlust sich zuckend ihres Gegenpols erinnert, und wieder einmal spiele ich mit den alten, oft gespielten Melodien: Heimathaben, ein kleines Haus im grünen Garten, Stille ringsum, weiter unten das Dorf. Im Stübchen nach Morgen hin stünde mein Bett, mein eigenes Bett, im Stübchen nach Süden mein Tisch, und dort würde ich auch die kleine alte Madonna aufhängen, die ich einmal, in früheren Reisezeiten, in Brescia gekauft habe.
Wie der Tag zwischen Morgen und Abend, so vergeht zwischen Reisetrieb und Heimatwunsch mein Leben. Vielleicht werde ich einmal so weit sein, daß Reise und Ferne mir in der Seele gehören, daß ich ihre Bilder in mir habe, ohne sie mehr verwirklichen zu müssen. Vielleicht auch komme ich noch einmal dahin, daß ich Heimat in mir habe, und dann gibt es kein Liebäugeln mit Gärten und roten Häuschen mehr. - Heimat in sich haben!
Wie wäre da das Leben anders! Es hätte eine Mitte, und von der Mitte aus schwängen alle Kräfte.
So aber hat mein Leben keine Mitte, sondern schwebt zuckend zwischen vielen Reihen von Polen und Gegenpolen. Sehnsucht nach Daheimsein hier, Sehnsucht nach Unterwegssein dort. Verlangen nach Einsamkeit und Kloster hier, und Drang nach Liebe und Gemeinschaft dort! Ich habe Bücher und Bilder gesammelt, und habe sie wieder weggegeben. Ich habe Üppigkeit und Laster gepflegt, und bin davon weg zu Askese und Kasteiung gegangen. Ich habe das Leben gläubig als Substanz verehrt, und kam dazu, es nur noch als Funktion erkennen und lieben zu können.
Aber es ist nicht meine Sache, mich anders zu machen. Das ist Sache des Wunders. Wer das Wunder sucht, wer es herbeiziehen, wer ihm helfen will, den flieht es nur. Meine Sache ist, zwischen vielen gespannten Gegensätzen zu schweben und bereit zu sein, wenn das Wunder mich ereilt. Meine Sache ist, unzufrieden zu sein und Unrast zu leiden.
Rotes Haus im Grünen! Ich habe dich schon erlebt, ich darf dich nicht nochmals erleben wollen. Ich habe schon einmal Heimat gehabt, habe ein Haus gebaut, habe Wand und Dach gemessen, Wege im Garten gezogen und eigene Wände mit eigenen Bildern behängt. Jeder Mensch hat dazu einen Trieb - wohl mir, daß ich ihm einmal nachleben konnte! Viele meiner Wünsche haben sich im Leben erfüllt. Ich wollte ein Dichter sein, und wurde ein Dichter. Ich wollte ein Haus haben, und baute mir eins. Ich wollte Frau und Kinder haben, und hatte sie. Ich wollte zu Menschen sprechen und auf sie wirken, und ich tat es. Und jede Erfüllung wurde schnell zur Sättigung. Sattsein aber war das, was ich nicht ertragen konnte. Verdächtig wurde mir das Dichten. Eng wurde mir das Haus. Kein erreichtes Ziel war ein Ziel, jeder Weg war ein Umweg, jede Rast gebar neue Sehnsucht.
Viele Umwege werde ich noch gehen, viele Erfüllungen noch werden mich enttäuschen. Alles wird seinen Sinn einst zeigen.
Dort, wo die Gegensätze erlöschen, ist Nirwana. Mir brennen sie noch hell, geliebte Sterne der Sehnsucht.
Friday, September 16, 2011
Nach 66 Jahren ...
... wies mich eine Freundin aus langer Zeit in Deutschland auf dieses Lied hin. Danke schön, Bärbel(chen)!
Wednesday, September 7, 2011
Ich verstehe nur Bahnhof!
Ein netter Mensch in Deutschland, Friedhelm bei Namen (deutscher als das geht es wohl nicht, oder?), der meinen Blog über den Cyriaksring gelesen hat, schickte mir diese stimmungsvolle Aufnahme vom alten Hauptbahnhof in Braunschweig.
Ich kenne ihn gut: nach der Schule in der Sophienstraße ging ich oft dort hin und stand in der großen Bahnhofshalle und bekam schon damals Reisefieber. Und unten an der Okerbrücke gab es einen Bootverleih wo ich manchmal meinen letzten Groschen ausgab um solch einen alten Holzkahn zum Paddeln zu mieten.
Später, als ich in der Münzstraße zur Lehre ging, führte mich mein Weg immer am Bahnhof vorbei denn Geld für die Straßenbahn hatte ich nicht.
Und ich erinnere mich noch an den damaligen Spruch "Ich verstehe nur Bahnhof". Er besagte daß man gar nichts verstand. Warum Bahnhof? Vielleicht weil man beim Lärm im Bahnhof nichts verstehen konnte? Gibt es diesen Spruch noch?
Vielen Dank, Friedhelm, für dieses Foto. Es brachte viele Erinnerungen zurück.