Monday, March 21, 2011

Jahresrezept




Man nehme 12 Monate,
putze sie ganz sauber von Bitterkeit,
Geiz, Pedanterie und Angst
und zerlege jeden Monat in 30 oder 31 Teile,
so dass der Vorrat genau für ein Jahr reicht.

Es wird jeder Tag einzeln angerichtet
aus 1 Teil Arbeit und 2 Teilen Frohsinn und Humor.

Man füge 3 gehäufte Esslöffel Optimismus hinzu,
1 Teelöffel Toleranz, 1 Körnchen Ironie
und 1 Prise Takt.

Dann wird die Masse sehr reichlich mit Liebe übergossen.
Das fertige Gericht schmücke man
mit Sträußchen kleiner Aufmerksamkeiten
und serviere es täglich mit Heiterkeit
und mit einer guten, erquickenden Tasse Tee.


Von Catharina Elisabeth Goethe (1731-1808), der Mutter von Johann Wolfgang von Goethe

Sunday, March 6, 2011

"Das beste Buch ist aber das, welches dem Leser seinen eigenen Reichtum fühlbar macht."

So schrieb Waldemar Bonsels in seinen Lebenserinnerungen     "Menschenwege - Aus den Notizen eines Vagabunden".

Ich fand dieses alte Buch in einem Buchantiquariat und wünschte ich hätte es schon früher gefunden denn es ist voller Einsichten und Weisheiten die einem durch das Leben helfen. Schon das erste Kapitel beginnt einsichtsvoll:

"Eines Tages im Verlauf unseres Lebens kommen die Menschen unserer Jugend wieder zu uns, einer nach dem anderen, jeder zu seiner Stunde, und reden zu uns, auch die Toten ........ Die tiefere Bedeutung dieser Wiederkehr liegt in ihrer Mahnung. Es ist die letzte Mahnung aus einem versunkenen Abschnitt unseres Lebens, sie rieft unsere Erinnerung an und zugleich das Gedächtnis wach, so daß wir genötigt werden zu forschen und zu vergleichen ..."

Und hier ist ein Ausschnitt vom fünften Kapitel:

"Eines Nachmittags durchschritt ich einen Wald in der Nähe der Stadt. Ich hatte einen schmalen Fußsteig eingeschlagen, der zwischen hohen alten Buchen dahinführte, in der Hoffnung, damit ein Stück der Landstraße abzuschneiden, und dachte darüber nach, aus welchem Grunde in diesem Augenblick mir und in so vielen anderen Augenblicken den meisten Menschen daran gelegen sei, ohne daß uns Eile trieb, doch unseren Weg zu verkürzen. Das Ziel lockt, dachte ich, auch ohne daß es etwas verspricht oder auch nur bekannt ist, es ruft und zieht uns an, auch wenn wir wissen, es wartet unser kein Mensch und kein Tun, nichts als das, was wir auch nach einer Stunde noch vorfinden werden. Woran mag es liegen, dachte ich, und schritt langsamer. Es hat seinen Grund darin, daß wir alle noch nicht gelernt haben, in der Gegenwart zu leben, sagten mir meine Gedanken, es ist viel leichter, die Zukunft in unsern Betrachtungen wachzurufen, als die Gegenwart. Immer wandert unsere bestimmte oder unbestimmte Hoffnung uns voraus und zieht uns hinter sich her, wie ein Nachtschmetterling vom Licht angelockt wird, und wir übersehen darüber die Schönheiten, den Wohlstand und die Fülle unserer Straße. ......... Da blieb ich unter den Bäumen stehn und dachte: das Alter! Die alten Menschen haben es gelernt, nicht durch ihre reicheren Erfahrungen, denn das Alter bereichert nur die Reichen, nur die Guten werden mit ihm besser und nur die Klugen klüger, sondern einfach deshalb, weil sich ihnen die Hoffnung langsam gegen die Erinnerung eintauscht. Am Ort dieser inneren Wandlung liegt ein erneutes Bewußtsein für den Wert der Gegenwart, mit den Tagen ergeht es den Menschen ähnlich wie mit dem Geld, erst wenn sie gezählt sind, wissen sie ihren Wert."

Das Buch endet mit dem siebenten Kapitel und den Worten:

"Unser irdisches Leben ist eine kurze Gelegenheit, Brüder, eine Morgenstunde."

Lies das ganze Buch hier.

Ich hatte nie von Waldemar Bonsels gehört. Anscheinend war Bonsels in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein vielgelesener Erfolgsautor. In 1912 erschien sein Kinderbuch "Biene Maja und ihre Abenteuer" welches damals schnell zu einem großen Erfolg wurde. Bonsels konnte sich deshalb ganz dem Schreiben widmen. 1924 wurde die Geschichte erstmals mit echten Tieren verfilmt. Bis heute erreichte die Geschichte um die neugierige Biene Millionenauflagen. Übersetzungen in über 100 Sprachen, Videos, Hörspiele und ein Musical machten sie zum Liebling zahlreicher Kindergenerationen. Vor allem aber die Zeichentrickserie mit dem Hit von Karel Gott ("Und diese Biene, die ich meine, nennt sich Maja") wurde ein Erfolg.



Oder vielleicht zieht Du es in der französischen Sprache vor:



Vor 130 Jahren, am 21. Februar 1880, wurde Waldemar Bonsels im schleswig-holsteinischen Ahrensburg (bei Hamburg) als Sohn eines Apothekers geboren. Seine Jugend verbrachte er in Kiel, Lübeck und Ulsnis, einem kleinen Dorf an der Schlei bei Schleswig. Dort verlebte er die Sommer bei seinem Onkel im Pastorat, das noch heute bekannt für seinen malerischen Garten ist. Schon früh wandte er sich der Natur zu. "Ich war allein und lernte die Einsamkeit als hohes Glück empfinden", sagte er später über sich.

Nach der Schule ging Bonsels auf Wanderschaft durch Deutschland, las die Klassiker und besuchte theologische Vorlesungen. In den "Notizen eines Vagabunden" hat er seine Wanderjahre beschrieben. Später zog er durch Indien und schrieb den Roman "Indienfahrt". Thema seiner meist schwärmerischen Erzählungen und Gedichte war vor allem der Ausbruch aus dem bürgerlichen und pietistischen Leben.

Ende der zwanziger Jahre war Bonsels sehr erfolgreich mit seiner Jugend-Trilogie "Mario". In seinen Christus-Essays kritisierte er die Kirche. Er fand, sie vernachlässige den kraftvollen Revolutionär und fördere nur den gütigen Heiland. Ein Kapitel aus seiner Autobiografie "Tage der Kindheit", das ein jüdisches Mädchen beschreibt, brachte Bonsels in Konflikt mit den Nazis. Bis auf "Biene Maja", "Himmelsvolk" und "Indienfahrt" kamen alle seine Bücher 1933 auf die schwarze Liste der Bücherverbrennung.

Bonsels reiste zunächst für eine Lesereise in die USA, kehrte aber 1935 nach Deutschland zurück. Sein Jugendfreund Hanns Johst war inzwischen Präsident der Reichsschrifttumskammer geworden und sorgte dafür, dass Bonsels ungehindert schreiben konnte, obwohl er kein NSDAP-Mitglied war.

Eine antisemitische Stellungnahme findet sich im Vorwort des 1943 neu aufgelegten Buches "Der Hüter der Schwelle" über den Dichter Novalis. Eines der 100 Exemplare war dem damaligen Reichsminister Wilhelm Frick gewidmet. Bonsels wurde deshalb nach dem Krieg bis 1948 mit Publikationsverbot belegt. Seinen jüdischen Freunden gegenüber soll sich er stets tadellos verhalten haben.

Fast ein Jahrzehnt arbeitete er zuletzt an einem Christus-Roman, der 1951 als "Das vergessene Licht" erschien. Bonsels war bereits 1918 nach Ambach am Starnberger See gezogen, wo er am 31. Juli 1952 nach längerer Krankheit starb. 1980 erschien eine zehnbändige Gesamtausgabe, die 1992 neu aufgelegt wurde.

Diese zehnbändige Gesamtausgabe ist für mich wohl zu ambizioniert aber ich werde versuchen andere Bücher vom Waldemar Bonsels zu finden und zu lesen.

Waldemar Bonsels Stiftung