Sunday, July 11, 2010

Ein STOP-Zeichen unserer Zeit


Dieser Tage braucht man ein Diplom für alles, selbst zum Halten eines STOP-Verkehrszeichens.

Das kam mir so in den Sinn als ich ein Email von einem alten Freund erhielt mit dem ich in den 70er Jahren zusammen auf dem Bougainville Minenbau arbeitete. Die letzten Jahre prüfte er die Lohnaufstellungen für eine staatliche Versicherungsgesellschaft - einer der einfachsten Arbeiten die man sich vorstellen kann - wurde aber vor zwölf Monaten gekündigt da man jetzt nur noch Leute mit abgeschlossenem Universitätsstudium dafür einstellt. Er ist Mitglied des australischen "Institute of Chartered Accountants" (Institut Vereidigter Wirtschaftsprüfer) und hat seine eigene Prüferlizenz aber das ist anscheinend dieser Tage nicht mehr genug.

Niemand meines Jahrganges ging zur Universität um Wirtschaftsprüfer zu werden. Damals gab es Korrespondenzkurse und die Abendschule und hinterher die "Schule des Lebens". Ich verlies die Schule mit 14 Jahren und dann kam die Lebensschule die ich mit summa cum laude absolvierte. Ich hatte Glück daß mir ein Herr Manfred Weber eine berufliche Lehre anbot die sonst nur Hochschülern offenstand (1960). Dann hatte ich noch mehr Glück als mich bei der Ankunft in Australien ohne Geld und noch weniger Sprachkenntnissen der Direktor der ANZ Bank, ein Herr Robert Reid, bei seiner Bank einstellte (1965). Und schließlich traf ich den freundlichen Herrn McFadden der mich in seiner Firma von Wirtschaftsprüfern in Neu-Guinea beschäftigte (1970). Vielen Dank, liebe Herren Weber und Reid und McFadden! Ich bin sicher ihr seit jetzt alle gut im Himmel angekommen!

So, wo wäre ich heute falls ich Hochschule und Universität absolviert hätte (nicht daß damals für solche Luxussachen Geld vorhanden war) ? Vielleicht würde ich jetzt Lohnaufstellungen in Deutschland überprüfen anstelle meinem Lebensmotto "Habe Bleistift, bin bereit zu reisenl" gefolgt zu sein.

Da muss man schon an W. Somerset Maughams Geschichte "Der Kirchendiener" denken!